Die Leander mit allem Für und Wider

Bad Freienwalde (moz) Mit reichlich Beifall honorierten die zahlreichen Zuschauer in der Konzerthalle St. Georg am Sonntag das informativ-musikalische Programm „Eine Frau wird erst schön durch die Liebe“ über die UFA-Schauspielerin und Sängerin Zarah Leander. Martha Pfaffeneder und Jens-Karsten Stoll gestalteten einen Abend mit biografischen und zeitgeschichtlichen Informationen, vielen Liedern und Anekdoten. Zarah Leander war ein hoch verehrter Star, wegen ihrer Nähe zur Naziführung aber auch umstritten. Ehrenbürger Siegfried Schumacher genoss die „Jugenderinnerung mit allem Für und Wider“.  

Nachdem Jens-Karsten Stoll am Flügel Platz genommen hatte, rauschte sie herein. Ganz Diva, ganz Zarah Leander. Martha Pfaffeneder im Abendkleid mit schwarzen Handschuhen bis zum Oberarm und blonder – nicht Leander-roter – Mähne glitt unter dem Beifall der zahlreichen Zuhörer auf die Bühne der Konzerthalle St. Georg und sang gleich mit gutturaler Alt-Stimme das temperamentvolle „Hoppla!“ Martha Pfaffeneder schlüpfte ganz in die Rolle der 1907 geborenen Schwedin, die Anfang der 1930er Jahre nach ihrem Durchbruch als Sängerin und Film-Schauspielerin in Wien Einladungen nach Hollywood, London und Berlin gegeneinander abzuwägen hatte. Sie habe sich schließlich für Berlin entschieden, weil es eine direkte Flugverbindung nach Stockholm, nach Hause, gab, erzählte die Diva in den biografischen Notizen, die sie zwischen die populären Schlager der Leander einbettete. Selbst der schwedische Akzent stimmte. Im Publikum saß auch Schriftsteller und Ehrenbürger Siegfried Schumacher. Er hält mit Lesungen aus seinen Lebenserinnerungen mit dem bezeichnenden Titel „Davongekommen“ die Schrecken von Krieg und Naziherrschaft im Bewusstsein besonders von Schülern wach, so erst kürzlich vor 100 Jugendlichen im Bertolt-Brecht-Gymnasium. „Bei den Liedern von Zarah Leander werden Erinnerungen an meine Jugend in jener Zeit wach, mit allem Für und Wider“, sagte er. Und Martha Pfaffeneder blendete auf der Bühne der Konzerthalle weder das Für noch das Wider aus, betonte aber, dass sich Zarah Leander dem heftigen Werben von Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels verschloss und – allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg – sagte: „Ich konnte diesen Hinkefuß nicht riechen.“ Goebbels direkt soll sie auf die Feststellung, ihm habe noch nie eine so freche Person gegenübergesessen, erwidert haben: „Ganz meinerseits, Herr Minister!“ Der größte Teil des Abends war aber ihren sinnlichen Schlagern gewidmet unter dem Motto: „Kann denn Liebe Sünde sein?“. Auch Jens-Karsten Stoll am Piano trug mit Anekdoten und Liedern zum Gesamtbild der Diva bei. Viel Persönliches über das einstige Idol erfuhren die Zuschauer, beispielsweise, dass ihr Schmachteblick in die Ferne vor allem ihrer starken Kurzsichtigkeit geschuldet war. Der Einblick in die schillernde Divenpersönlichkeit geriet ungetrübt. (Märkische Oderzeitung, Jens Sell)

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