Flirt der Metropolen

Bürgerhaus Hennigsdorf

Er schreitet herein, dunkel gekleidet, trägt ein Fähnchen in der Hand, positioniert es an seinem Klavier. Sie betritt die Bühne, beschwingt und in einem Trachtenkleid. Auch sie mit einem Fähnchen. Das ihre und das seine sind in den Farben Rot und Weiß gehalten, nur die jeweiligen Embleme in der Mitte unterscheiden sich. Das eine, der Bär, steht für Berlin, das andere, der Adler, für Österreich. Schließlich werden beide Fähnchen in einem Strauß von roten Rosen dekoriert. Der Kampf zwischen den europäischen Metropolen kann beginnen.

Es könnte aber auch ein Flirt sein, mit dem sich Martha Pfaffeneder mit Wiener Charme auf die Berliner Schnauze von Jens-Karsten Stoll einlässt. Wenn, ja wenn diese Berliner Schnauze nicht immer wieder so sticheln würde, um das österreichische Madl zu provozieren. Zu Wiener Schmäh vielleicht? Nein, den lässt sie stecken, umgarnt ihn mit den typischen Ingredienzien, mit denen Touristen in die Donaumetropole gelockt werden: Donau und Wiener Walzer, Ringelspiel oder Riesenrad, Schloss Schönbrunn oder Prater.

Die Besucher verfolgten amüsiert das lustvolle Spiel der Schauspielerin Martha Pfaffeneder und des Musikers Jens-Karsten Stoll und ließen sich gerne von manch einem Wiener Lied oder einem Berliner Gassenhauer mitreißen. Da konnte sich Stoll noch so sehr über Pfaffeneders „Schmonzetten“ mokieren, wenn sie vom Prater sang, in dem wieder die Bäume blühen, vom Ringelspiel, das so schön ist, oder von Wien und dem Wein, was ein Stück vom Himmel sein müsse, die Besucher fühlten sich gut aufgehoben in dieser Stimmung. Aus der konnte sie Stoll nur mit etwas härteren Zutaten herausreißen. Denn „Sehen Sie, das ist Berlin“, wo man sich manchmal fragt, „Wer schmeißt denn da mit Lehm?“ oder den „lieben Leierkastenmann“ bittet „fang noch mal von vorne an.“ Denn der Berliner, dem man nachsagt, nicht nur eine deftige Schnauze zu haben, sondern das Herz auf dem rechten Fleck, der kann auch anders, nämlich ganz sentimental sein.

Ob das aber den Charme des Wieners ersetzt, der so hingebungsvoll philosophiert: „Wenn der Herrgott net will, nutzt des goar nix“, das konnte an diesem Abend nicht geklärt werden. Es blieb unentschieden zwischen Wein und Bier, zwischen Heurigenlokal und Eckkneipe, zwischen Strauß-Dynastie und Paul Lincke, Will Meisel, Otto Reutter.

(Von Rotraud Wieland, 15.04.2013, Märkische Allgemeine)

 

Wiener Charme und Berliner Schnauze

„Mit einem fröhlich-spritzigem Programm aus bezauberndem Wiener Charme, gewürzt mit einer feurigen Prise Berliner Schnauze, präsentiert vom österreichisch/deutschen Duo Martha Pfaffeneder/Karsten Stoll, startete die Ernst- Freiberger- Stiftung mit ihrer Reihe musikalisch-literarischer Sonntagnachmittage ins neue Jahr.
Martha Pfaffeneder, Mezzosopranistin und Schauspielerin, geboren im österreichischen Ybbs an der Donau, verzauberte das Publikum mit tänzerischer Leichtigkeit und schelmischer Mimik in ihrem »weanerischen« Part, während Jens- Karsten Stoll, gebürtiger Berliner, neben einer virtuosen Pianobegleitung die Mentalität seiner Heimatstadt durch Bonmots zum Besten gab. In ihrer Gegensätzlichkeit wurde die Darbietung der beiden Künstler zu einer Konkurrenz und Liebeserklärung an Wien und Berlin gleichermaßen.
Die Heurigen- und Operetten-Lieder und »Wiener G'schichten« als literarische Leckerbissen, die österreichisches Herz und Seele beschreiben, voller Humor. Den abschließenden Beifall hatten sich die Künstler, die nicht mit einer Zugabe geizten, wahrlich verdient.“

Ernst-Freiberger-Stiftung
Bärbel Raszloff

 

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